Du hast schon früh gelernt, dich "zusammenzureißen". Das geschieht auf zweifache Weise...
a) durch eine Lähmung des Beckens und der Beine:
Wenn ich genervt bin, habe ich das spontane Bedürfnis, dem anderen einen Tritt in den Arsch zu versetzen. Um diesen spontanen Impuls abzubremsen und zu unterdrücken, muss ich mich zusammenreißen.das heißt in diesem Falle: ich muss eine bremse in meinen Beinen einlegen. Praktisch heißt das: ich reiße an meiner Beinmuskulatur und verkürze sie, damit sie den spontanen Impuls nicht ausführen kann.
Erfolgt das ständig, dann verkürzt sich mit der Zeit die Beinmuskulatur.
Du kannst das überprüfen, indem du dich mit dem Oberkörper nach vorne beugst. Im ausgeglichenen zustand entspricht der Oberkörper dem unteren Bereich und der kopf berührt problemlos den Boden. Hat sich die Beinmuskulatur verkürzt, dann geht das nicht ohne Anstrengung.
In diesem Falle ist auch das fahrradfahren relativ anstrengend. Denn man kann den Schwung der pedale kaum ausnutzen, sondern muss alles mit kraft machen, um den Widerstand der gelähmten Beine zu überwinden.
b) Anspannung in der Brust:
Aber auch im Brustbereich kann ein zusammenreißen erfolgen. Wenn ich wütend bin, dann könnte ich spontan auf den Tisch hauen. Wenn ich hier eine bremse einlege, dann verkürzt sich mit der Zeit die Schultermuskulatur.
Du kannst merken, dass du in beiden Bereichen "gelähmt" bist.
Leg dich auf den Boden und trommle von dort mit beiden Beinen auf ein Sofa. Du wirst merken, dass du es nicht lange durchhalten kannst oder dass sich eine unbändige Wut bemerkbar macht.
Dasselbe wird geschehen, wenn du eine Bettdecke auf den Tisch legst und dann versuchst, auf die Tischplatte einzuschlagen.
Bei beiden Übungen wird sich sehr schnell entweder eine resignative Stimmung einstellen oder du wirst außer dich geraten. Wahrscheinlich wird sich dein selbstbild bremsend einschalten und gegen diese "Kraftmeierei" protestieren. Du hast doch eine sehr viel feinere Art gelernt, dich durchzusetzen und zu behaupten.
In Konflikten wirst du zuerst innerlich unruhig. Diese Unruhe spürt man im Becken. Viele Raucher greifen in diesem Moment zu einer Zigarette. Sie entspannt auch wirklich für den Augenblick, weil sie die Blutzirkulation belebt.
Dann setzt der Beruhigungsversuch auf der Brustebene ein: Du meldest dich zu Wort und versuchst den vorhandenen Sprengstoff zuerst einmal mit Humor und Herzlichkeit anzugehen und zu entschärfen. Leider ist dieser Versuch immer schon eingefärbt durch die im Becken nicht zugelassene Wut. Dein genervt- sein ist nicht zu übersehen.
Wenn beide beruhigungsstrategien nicht mehr greifen, kommt ein Punkt, wo dir alles zu viel wird. Du musst dann den Kontakt abbrechen, um dich zuerst einmal alleine wieder aufzubauen. Das dauert dann eine ganze Weile, bis unten und oben sich wieder einigermaßen beruhigt haben und sich wieder eine Art Gleichgewicht hergestellt hat.
Das Problem ist aber, dass unten und oben nicht harmonisch miteinander kommunizieren. Jeder Bereich hat sein Eigenleben entwickelt. Zuerst einmal setzt du deine Brust ein und versuchst deinem selbstbild, ein einigermaßen umgänglicher und lieber Mensch zu sein, gerecht zu werden.
Erst wenn dir der Kragen platzt, meldet sich die untere Seite zu Wort und dann oft mit einer Wucht, die das gegenüber oft völlig überrascht.
Die verkürzten Makulaturen kann man "lösen", indem man sie regelmäßig über-dehnt.
In meinem "Orgasmus-Text" gibt es dazu einige Übungen. Lies ihn ruhig noch einmal durch. Du wirst inzwischen mehr begreifen können.
4. Oktober 2012