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eurokriseBereits die Einführung der DM im Staatsgebiet der DDR hat gezeigt, dass eine Währungsunion nicht ohne Risiken ist. Sie erfolgte nicht aufgrund ökonomischer Analysen, sondern um die wachsende Abwanderung von DDR-Bürgerinnen nach Westdeutschland abzuschwächen. Um die nötigen Mittel für eine Sanierung der ehemaligen DDR zu bekommen, wurde der Solidaritätsbeitrag eingeführt. Jedes Einkommen muss mit weiteren 5 Prozent ("Soli") versteuert werden. Obwohl in den letzten zwanzig Jahren immer neue Milliarden in den Osten flossen, sind nur beschränkt "blühende Landschaften" (Bundeskanzler Helmut Kohl) entstanden. Aufgrund der geringen Steuereinnahmen sind die neuen Bundesländer und Kommunen weiter von den Milliarden-Zuschüssen aus dem Solidaritätsfond abhängig, um ihre Haushalte finanzieren zu können. Nur das Bundesland Sachsen ist inzwischen in der Lage, ohne neue Kredite auszukommen.

Wie aber soll Griechenland, das ähnlich heruntergewirtschaftet ist wie die ehemalige DDR, aus eigener Kraft einen wirtschaftlichen Aufschwung schaffen? Zumal die zugesagten Hilfsmilliarden dem griechischen Finanzminister nicht für Investitionsmaßnahmen zur Verfügung stehen, sondern unmittelbar in den Schuldendienst wandern. Es werden deshalb nicht die Griechen gerettet, sondern die Zinserwartungen der Gläubiger befriedigt.

 

Warum wurde die Schuldenspirale so lange nicht ernst genommen?

Illustration: Thorsten Wolber Unbestritten hat Griechenland eine unsolide Wirtschaftspolitik betrieben. Egal welche Partei an der Regierung war: jede nutzte ihre Macht, um die eigenen Leute an wichtigen Stellen unterzubringen oder die finanziellen Zuschüsse aus der EU in eigene Kanäle zu leiten. Auch die Gewerkschaften haben von dieser Misswirtschaft profitiert. Ihnen gehört zu 56 Prozent der nationale Energiekonzern. Sie haben nicht nur auf fast allen Positionen Gewerkschaftler untergebracht. Zusätzlich wurden über die Jahre aus den Gewinnen immer neue Millionen in die Gewerkschaftskassen abgezweigt.

Aber es sind auch die Banken, die dieses Leben auf Kredit möglich gemacht haben. So konnte sich das griechische Militär sündhaft teure U-Boote leisten, die nicht aus den Steuereinnahmen, sondern durch neue Kredite finanziert wurden. Wahrscheinlich wurde dieses Rüstungsgeschäft auch noch durch die Deutsche Kreditanstalt abgesichert.

Nicht nur die Banken und unsere Rüstungsindustrie, sondern noch viele weitere Exportfirmen haben in den letzten zwanzig Jahren von der Bereitschaft der anderen Euro-Länder, sich zu verschulden, profitiert. Selbst Deutschland, das sich in Wirtschaftsfragen gerne als Musterschüler verkauft, hielt sich nicht an den vereinbarten Stabilitätspakt. Genau wie Frankreich ignorierte es die Vereinbarung, sich beim Haushalt mit nicht mehr als 3 Prozent zu verschulden. Brüssel drohte diesen wirtschaftlich starken Staaten mit immer neuen Geldstrafen, was diese nicht beeindruckte. Sie behielten Recht. Keine der verhängten Geldstrafen wurde je eingefordert. Warum sollten dann ausgerechnet die ärmeren Länder in der Euro-Zone das Schuldenverbot ernst nehmen?

Das Beispiel der USA zeigt, dass eine sich beschleunigende Schuldenspirale keineswegs zum Staatsbankrott führen muss. Die Regierung der USA hat sich den kostspieligen Irak-Krieg geleistet und hat sich auf den genauso kostenintensiven Einsatz in Afghanistan eingelassen. Diese Milliardenausgaben trotz sinkender Steuereinnahmen waren nicht zuletzt möglich, weil das kommunistische China immer neue amerikanische Staatsanleihen aufgekauft hat. China unterstützte mit diesen Krediten die in den USA übliche Politik des billigen Geldes. China profitierte von der Konsumnachfrage der Amerikaner und nutzte die Einnahmen, um die eigenen Produktionskapazitäten auszubauen und zu modernisieren. Auch wenn China nicht damit rechnen kann, seine Darlehen in voller Höhe zurückbezahlt zu bekommen, hat es von dieser Kooperation profitiert. Es sind also keineswegs die Schulden an sich, die ein Land in den Ruin treiben müssen. Wenn die aufgenommenen Kredite für Innovationen genutzt werden, sichert sich das Land Wettbewerbsvorteile.

Aber die USA, die nach dem Untergang der Sowjetunion, als einzige Großmacht übriggeblieben war, sah sich zu keinerlei Modernisierungsmaßnahmen verpflichtet. Milliarden wurden weiter in die Weltraumforschung investiert, obwohl der wissenschaftliche Ertrag immer geringer ausfiel und die Exkursionen in das Weltall das Ansehen der USA immer weniger aufwerteten. Weder die Autoindustrie noch der Flugzeugbau bemühten sich um Innovationen. Selbst die Rüstungsindustrie gerät gegenüber ihren Konkurrenten immer mehr ins Hintertreffen. China wie Deutschland sind zu gefährlichen Konkurrenten herangewachsen.

Genauso wenig wie bei Griechenland ist absehbar, dass sich Amerika aus eigener Kraft wirtschaftlich erneuern kann. Die USA ist mit 11 Prozent des eigenen Haushaltes genauso hoch verschuldet wie Griechenland. Trotzdem erhalten die amerikanischen Staatsanleihen von den in den USA ansässigen Rating-Agenturen weiter das Prädikat "sehr gut", während die griechischen Staatsanleihen als "ramsch" abgewertet wurden.

 

Wo liegen die eigentlichen Ursachen der jetzigen Krise?

Sarah Wagenknecht, mit der ich politisch nicht sympathisiere, vergleicht in ihrem neuen Buch die Staatsschulden mit den Vermögenszuwächsen bei den Superreichen. Je mehr sich die Staaten verschuldet haben, umso mehr Vermögen hat sich in der Schicht der Superreichen angesammelt. Diese investieren ihr Geld in Projekte, die eine hohe und schnelle Rendite versprechen.

Erst diese wachsenden Vermögensbestände haben einen Geldumlauf (weitgehend auf dem Papier) möglich gemacht, dessen Risiken richtig einzuschätzen selbst Experten kaum noch möglich ist. Dieses Dilemma schafft einen wachsenden Bedarf nach Rating-Agenturen.

Aber warum lassen sich die Banken auf diese riskanten Geschäfte ein? Um es am Beispiel der Deutschen Bank zu verdeutlichen: weil sich nur mit Hilfe dieser oft zweifelhaften Wertpapiere eine Rendite von 30 Prozent erzielen lässt. Dass dabei Anleger ihr investiertes Geld verlieren und Milliarden verschleudert werden, stört die Bank wenig. Sie muss für den angerichteten Schaden nicht mit ihrem Grundkapital haften. Sie kann das auch nicht, weil ihr eigenes Kapital nicht einmal zwei Prozent der in den Umlauf gebrachten Wertpapiere beträgt.

 

Warum hat die Politik die privaten Banken aus jeder Verantwortung entlassen?

Weil man den Politikern in den letzten Jahrzehnten unaufhörlich eingeredet hat, dass mehr Geld in privater Hand auch mehr Wirtschaftswachstum bedeute. Wie wenig selbst Liberale ihren Slogan "Leistung muss sich wieder lohnen!" ernstnehmen, beweisen die Steuervorteile für reiche. Wer ein Jahreseinkommen von 60.000 Euro durch Arbeit erzielt, muss es mit 43 Prozent plus 5 Prozent Soli versteuern. Wer ein Spekulationseinkommen von 600.000 Euro im Jahr hat, wird mit 23 Prozent Einkommenssteuer plus 5 Prozent Soli zur Kasse gebeten. Die Finanzlobby hat es geschafft, dass Einkommen aus wertschöpfender Arbeit immer mehr belastet werden, während Vermögensbeständen (nicht nur in den USA) immer neue Schlupflöcher eröffnet werden.

Gleichzeitig hat die Finanzoligarchie durchgesetzt, dass sie für die verursachten Schäden nicht mehr haftbar gemacht werden kann. Banken müssen ein "hartes Kernkapital von 6 Prozent" nachweisen. Das stand in dem Gesetzentwurf, den Josef Ackermann und seine Justitiare Hans Eichel (SPD) zur Zeit der rot-grünen Regierung überreichten. Dieser Entwurf wurde von der Politik weitgehend übernommen. Real bedeuten dieses "harte Kernkapital" nicht einmal 2 Prozent Grundkapital, wie das Beispiel der Deutschen Bank zeigt.

Steht eine Bank wie die Hypo-Real-Estate, die den auch für den Mittelstand wichtigen Pfandbriefmarkt beherrscht hat, vor dem Konkurs, muss sie der Staat retten. Es ist der Finanzlobby gelungen, Gewinne zu privatisieren (in Form von immer neuen Steuervorteilen) und die Verluste an die Allgemeinheit weiter zu geben. Sie hat einen Sozialismus für reiche durchgesetzt.

Während jeder Mittelständler bis ins Detail seine Vermögensverhältnisse nachweisen muss, um einen Kredit zu bekommen, können die Superreichen ihr Geld wie in einem Spielcasino anlegen. Daran würde wenig ändern, wenn z.B. Josef Ackermann mit seinen 10 bis 15 Millionen Jahreseinkommen persönlich haften müsste. Angesichts der Milliardenschäden, für die seine Bank weltweit verantwortlich ist, wären diese Millionen nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Da alle im Bundestag vertretenen Parteien (außer den Linken) den Deregulierungswünschen der Finanzlobby nachgekommen sind, werden die Finanzmärkte die Politik noch eine ganze Zeitlang vor sich hertreiben können. Zumal weder die SPD noch die Grünen, die für dieses Desaster mitverantwortlich sind, eine Bereitschaft zur Selbstkritik zeigen. Schuld sind immer nur die, die im Augenblick an der Regierung sind. Das Schlimme ist, dass offenbar selbst in den beteiligten Ministerien kaum noch kompetente Experten zur Verfügung stehen. Anders lässt sich der Zick-Zack-Kurs von Finanzminister Schäuble nicht erklären. Auch Angela Merkels Pragmatismus wird den Autoritätsverlust der Konservativen weiter beschleunigen. Früher gestand die Bevölkerung den Konservativen mehr Wirtschaftskompetenz zu als den Sozis. Selbst die Liberalen haben sich in Wirtschafts- und Finanzfragen inzwischen als Papiertiger entlarv, den selbst die eigene Klientel nicht mehr ernstnehmen kann. Solange die Exportindustrie noch boomt und ein Wirtschaftswachstum garantiert ist, wird man keine ernsthafte Regulierung des Finanzmarktes angehen.

Diese kann nicht, wie es die Sozialdemokraten fordern, in einer Finanzmarktabgabe bestehen. England wie die USA, die nur noch über 10 Prozent Industriekapital verfügen, werden keinerlei Belastungen ihres lukrativen Finanzdienstleistungssektors zulassen. Aber wir in Deutschland können gegen diese Amerikanisierung der Finanzverhältnisse ankämpfen und Verhältnisse fordern, wie sie im Kaiserreich noch ganz selbstverständlich waren. Damals mussten Privatbanken genau wie die Genossenschaftsbanken ihre Geschäfte mit einem Eigenkapitalanteil von 6 bis 8 Prozent absichern.

Wer als Bank weiter spekulieren möchte, sollte es gefälligst auf eigene Kosten tun!

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